Aicul Ibrahim, Teil IV

Deine Eltern gaben dir den Namen Aicul, was von rechts nach links gelesen Lucia heißt.

AICUL IBRAHIM - KUNSTSCHMIEDIN, das steht in großen Buchstaben auf dem Bronceschild neben der Eingangstür zu deiner Werkstatt. Diese liegt etwas abseits des Dorfes. Hier läßt es sich gut arbeiten. Die hohe Mauer, die den Hof umschließt, hält der Neugierigen Blicke fern. Eine Dornröschenhecke breitet sich auf ihr aus.

Der Innenhof steht voller Kunstobjekte.
Du bist eine Kinetikerin, liebst die kleinen fragilen Arbeiten, die sich trotzdem im Freien wohlfühlen.
Ein an einem überhängenden Ast angebrachtes Libellenmobile schaukelt sanft im Wind und erzeugt beim Sichberühren leise klirrende Feng-Shui-Geräusche.
Eine langstielige broncene Margarithe steckt in einem Topf neben einem echten Farn. Die Blüte blickt gebieterisch auf das Farn hinab und erzittert bei jedem Luftzug, denn Stiel und Blüte hast du durch eine Spirale verbunden.
Ein Perpendikel schaukelt friedlich; ein aufsitzender Reiter versucht das Pferd zur Eile anzutreiben.
Aber es will ihm nicht gelingen.

Gerade die Perpendikel verkaufen sich besonders gut.
Du hast eine Technik entwickelt mittels eines Magnetismusses Ober- und Unterteil zwar beweglich zu erhalten, aber doch nicht so empfindlich zu sein, dass sie sich bei einer Windböe voneinander lösen.
Das Untergestell befestigst du mit wenigen Schrauben am Boden, so kann der Reiter nicht stürzen und sich verletzen.


Einmal im Jahr öffnest du deine Manege.
Dann lotst du die Dorfbewohner durch den Hof, durch die Werkstatt, zeigst artig deine Arbeiten und erträgst das: "Ach, so wohnen sie Fräulein Ibrahim! Ich hab immer schon gedacht: Was tut sie bloß da drinnen? Man kann ja garnichts sehen von der Straße aus! Ach, das sind aber hübsche Sachen!"


Neuerdings versteckst du dich nicht nur in deinen Büchern, sondern auch im Internet.

(Fortsetzung folgt) )