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Märchen für Träumerchen I / Fortsetzung

Petra Friedel - März 2011

Als sich der erste Schreck etwas gelegt hatte, dachte sie: „Schon wieder ist der ganze Kram umgefallen!“ und sah zu, wie hinter der Tür erst der Stiel des Schrubbers, dann der des Besens und zu guter Letzt der Griff des Staubsaugers hervorrutschte. Das leuchtende Gelb des Staubsaugergriffes war in der Dunkelheit des Morgens gut zu sehen und das Metall unterhalb des Griffes glänzte silbern, während Schrubber- und Besenstiel noch vor sich hindämmerten und nur ihre Konturen preisgaben. Die Tür hatte sich fast geschlossen und Luischen lugte in die Ecke hinter ihr. Was war das? Da stand noch etwas, hatte sie in einem Anfall von Ordnungswut noch etwas anderes hinter der Tür verfrachtet? Sie überlegte, kam aber nicht darauf was es sein könnte und da die Kaffeetasse nun leer und ihre Lebensgeister geweckt waren, stand sie auf um nachzusehen. Was war das? Ein klitzekleiner Miniaturbesen, mit grünem Stiel und roten Borsten, schien sich verlegen an die Wand zu drücken. Wo kam der denn her? Träumte sie etwa noch? Sie zwickte sich in den Oberschenkel und ein: „Au!“ entfuhr ihr. Verunsichert griff sie nach dem komischen grünroten Ding, als es plötzlich unter dem Staubsauger knurrte: „Finger weg, du vorwitziges Ding!“
Erschrocken sprang sie zurück, nun vollends wach. Hielt den Atem an und wagte sich nicht zu rühren, während der Staubsauger vor sich hinwackelte und irgendein Etwas versuchte, darunter hervorzukriechen. Dabei gab es so komische Laute wie: „ Rrrhhh, uuuks“ und „pfff“! von sich. Luischen war den Tränen nahe. Nun war es soweit, in ihrem Leben passierten immerzu die seltsamsten Dinge und schon oft hatte sie ängstlich darüber nachgedacht, warum nur sie gelbe Lichter mit roten Punkten sah, fast wie kleine Marienkäfer. Die verschwanden, wenn sie nach ihnen fasste oder sich in weiße, am Rand gefranste Teller verwandelten und mit einem „Pling!“ gen Horizont davonsausten. Jetzt war es soweit, der Staubsauger sprach mit ihr und sie würde, sobald die Praxis geöffnet hatte, bei ihrer Ärztin anrufen.
Erschöpft ließ sie sich wieder auf den Stuhl fallen und wischte sich mit dem Ärmel ihres Pullovers den Angstschweiß von der Stirn. Kein Laut war in der Küche mehr zu hören, der Staubsauger wackelte nicht mehr und Luischen versuchte sich zu beruhigen. Da ihr Mund ganz trocken war, goss sie sich klares Leitungswasser in die inzwischen leere Kaffeetasse und trank es in einem Zug aus. Ließ sich rücklings an die Lehne des Stuhls fallen, um tief Luft zu holen und…erstarrte wieder. Das Stimmchen sprach: „Dummes Ding, musst Du immer alles kreuz und quer hinter die Tür stellen? Nur weil ich unter dem gelben Ungeheuer eingeklemmt war, konntest Du mich sehen! Und hören! Du bist selbst schuld daran, dass Dir nun der Schrecken in allen Gliedern sitzt, Fräulein Liederlich!“
Nun war Luischen ein Angsthase, aber auch ein aufmüpfiger und redegewandter Angsthase, und bei diesen Worten, direkt bei „Fräulein Liederlich“, schien ihre Angst wie weggeblasen und ihr kleines, blondgelocktes Köpfchen fuhr stolz auf, ihre Wangen verfärbten sich rosa und das kleine Grübchen am Kinn fing ein ganz klein wenig zu hüpfen an. Wer wagte es, sie liederlich zu schimpfen? „Na, da wollen wir doch erst einmal sehen, wer hier so ein vorlautes Mundwerk hat!“ dachte sie, sprang wütend vom Stuhl auf und knipste das Licht an.
Nichts! Da war nichts! Sie knipste das Licht wieder aus und….

Fortsetzung folgt…





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 29.03.2011
Kategorie: Märchen & Fabeln

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