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Das mystische Alphabet/ D wie Damokles' Schwert

Petra Friedel - November 2012

„Kasperle, heut bin ich müde!
Nein, nicht eine Etitüde
will mir aus der Feder fließen,
sich auf’s Pergament ergießen!
Jeden Tag Brimborium
im Theater haut mich um!“

Kasper kommt, sagt gähnend: „Bitte,
gib hier nicht die müde Schnitte!
Schreib Komödien und Dramen!
Los, wir basteln jetzt den Rahmen!“

„Kasper, lieber, grundverkehrt
wäre das! Damokles‘ Schwert,
siehst du es da oben schweben?
Huch! Es war gerade eben
doch nur eines! Doch nun hängen
dort so viele! Und sie drängen
immer dichter sich zusammen,
mich zu pieken und zu rammen!
„Bügelwäsche“ heißt das erste,
auch das zweite, (fast das schwerste),
das mit Namen „Fensterputzen“
will den Tag heut sinnvoll nutzen!
Und falls nicht, wird es sich rächen,
mich in blindem Wahn erstechen!
In der Ecke hängt noch eines,
das ist fies wie sonst hier keines!
Dem hat jemand, weil’s pressiert,
„Treppe wischen!“ eingraviert!
„Saugen“, „Putzen“, „Küche weißen“-
ach, die blöden Dinger heißen
alle anders und ich schwitze,
während ich hier mit dir sitze!
Und an Rössleins Haaren bammelt-
dass die Hausfrau heut' nicht gammelt,
unnütz sich die Zeit vertreibt,
Kasperletheater schreibt,
kichernd und stets guter Dinge-
Glänzendes mit scharfer Klinge!
Um im Alphabet zu bleiben,
wird ich doch noch etwas schreiben:
klitzeklein wie Däumelinchen,
zuckersüß wie Honigbienchen,
sanft und zärtlich wie der Wind-
mystisch säuselnd, Kasperkind!
Nun sei still, fang an zu lauschen,
hörst du schon die Wipfel rauschen?
Schweig auch du, mein wilder Besen!
Pssst, von damals will ich lesen:

*
***
Damals …

Damals, als der Wind uns liebte,
wild die starken Äste bog,
uns mit Ährengold bestiebte,
nicht um Regenduft betrog;

saß, hoch oben in den Zweigen,
still ein Kind mit blauem Blick,
ließ die Elfen sich verneigen,
rief das Einhorn leis‘ zurück,

das im Sturme fliehen wollte.
Streichelte ihm sanft das Fell
bis sich Lautes leise trollte.
Zauberte aus Dunkel Hell,

flüsterte mit Regentropfen,
hüllte sich in Träume ein,
hört‘ der Vögel Herzen klopfen,
hieß den Wind bald, still zu sein.

Sieh doch, ihre Schuhe liegen
unterm Baum- ist sie zurück?

Weiße Schäfchenwolken fliegen,
im Gepäck noch immer Glück …

*
***


Seht, wie unser Kasper träumt!
Hat sein weißes Pferd gezäumt,
lässt den Tagtraum übernehmen.
Leise, leise; braucht nicht grämen
Euch, ich komm ja morgen wieder,
sing vom E dann meine Lieder.
Muss jetzt kämpfen- nicht mit Mühlen,
doch, will ich nicht Schwerter fühlen,
muss den Tag ich heute nutzen
fix für Wischen, Bügeln, Putzen.
Dabei werd‘ ich nichts versäumen,
denn auch Tage können träumen …
lass das Kasperle noch schlafen.
Macht es gut, Ihr Lieben, Braven!"





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 13.11.2012
Kategorie: Träume & Nachtgedanken

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