Auf-/zuklappen

14 Grad Celsius

Gabyi - 2005

Meine erste große Liebe war ein Rettungsschwimmer der DLRG, schwarzhaarig, glutäugig und exakt 10 Jahre älter als ich. Mein Vater erlaubte es mir nicht, aber was kümmerte mich das.
Pööh!
Er war so süüüß.
Jeden Tag - damals im September - ging ich nach der Schule schnurstracks zum DLRG-Gebäude an die Strandpromenade, um ihm einen Besuch abzustatten.
Ich war schon 13 Jahre alt und hatte den festen Willen, meine Schwimmscheine bei ihm zu erwerben. Natürlich besaß ich sie schon längst aus dem Schwimmunterricht im Hallenbad, aber sie waren mir einfach abhanden gekommen. Behauptete ich und kein Mensch war in der Lage, es zu rekonstruieren. Denn eine zentrale Daten-Speicherung existierte nicht - sehr zu meiner Freude.
Mein hellblaues Bikinihöschen saß hauteng an meinem Körper, nur in den Körbchen war noch etwas Luft. Ich hoffte stark, er würde es nicht bemerken. Welch ein frommer Wunsch.
Es waren die letzten sonnigen Tage des Sommers mit watteweißen Wolken am blauen Himmel, doch die Ostsee wurde vom Westwind aus der Bucht gedrückt. Das bedeutete im Allgemeinen kaltes Wasser und Brennquallenbefall.
Genauer gesagt: 14 Grad Celsius.
Erwachsene betraten bei diesen Temperaturen nur ungern das Meer. Mir machte es nicht besonders viel aus - abgesehen von abgestorbenen Füßen und Händen, die zuerst bleich und dann blau anliefen störte es mich kaum.
Mein Schwimmlehrer aber zog es vor, im warmen, roten Boot zu bleiben und neben mir her zu rudern.
15 Minuten lang für das Freischwimmer- und 30 Minuten für das Fahrtenschwimmerabzeichen. Dann kam noch der Jugendschein mit Tauchen in definierte Tiefen und Längen und am Ende das Abschleppen eines Ertrinkenden. Da konnte er sich nicht mehr vorm Wasser drücken. Schlotternd tauchte er in die See ein, um nicht als Versager vor mir zu stehen.
Und ich - ich durfte ihn berühren.
Die langen dunkelroten Fäden der Quallen schlangen sich gierig um meine Arme und Beine. Es brannte, aber das war mir egal. Ich bemerkte es kaum.
Als ich am Ende matt und erschöpft mit meinem Angebeteten ins DLRG-Haus zurückkehrte, bestand er darauf, mich abzutrocknen. Duschen gab es damals keine. Und er pochte darauf, meine verbrannte Haut mit einer speziellen Brandsalbe zu behandeln. Die kreisenden Bewegungen fühlten sich sehr angenehm an, so etwas kannte ich bis dahin noch nicht.
Glück durchflutete meine Adern.

Nachtrag:
Gestern lese ich in der Zeitung, was Männer so alles für eine hübsche Frau auf sich nehmen. Sie sind so berechenbar, dass sie - sehen sie eine attraktive Frau - ihr Gehirn gleich auf Autopilot schalten. Ein Student der Wirtschaftspsychologie machte den Test. Er erzählte, wie Kommilitonen bei einer Versuchsleiterin Eindruck schinden wollten, als sie die Hände in Eiswasser tunkten. War die Frau sexy geschminkt, ließen die Männer ihre Hände bis zu doppelt so lange im Eiswasser liegen.

La la la - bin ich etwa ein Mann ?





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 19.02.2005
Kategorie: Kurzgeschichten

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