Fischsuppe

Die Bouillabaisse der Pariser Hallen, einer Fischsuppe, welche man, als die alten Markthallen noch nicht abgerissen waren, zwischen Mitternacht und Morgengrauen verspeisen konnte, hat mich schon oft beflügelt.
Doch können Fische fliegen ? Inspiriert statt beflügelt sollte ich vielleicht lieber sagen, das trifft eher den Kern. Oder besser noch: die Gräten.
Meine neueste Entdeckung ist eine kleine, kreative Suppenküche in einer altberliner Markthalle in der Müllerstraße im Bezirk Wedding, der nach der neuen Bezirksreform 2001 zu Berlin-Mitte gehört. In dieser Suppenküche kann man leckere kleine vegetarische Suppen essen. Das Motto der Betreiber lautet kurz und knapp:
"In unseren Kochtopf kommt nichts, was Eltern hat !"
Eine einfache Produktphilosophie, der man nichts mehr hinzufügen muss.
Wäre da nicht meine Leidenschaft für Fische und speziell für Fischsuppen aller Art, insbesondere der Bouillabaisse. Wenn es mich überkam, ging ich in die Paris-Bar, einem alt eingesessenen Berliner Künstler- und Szenetreff und neuerdings auch VIP- und Promi-Lokal, das in diesem Monat Insolvenz anmelden musste. Nun habe ich Angst vor einer Fischvergiftung, man denke nur daran, wie der Insolvenzverwalter jener Zeppelin-Fabrik letztens den wertvollen Ballon zerplatzen ließ, doch ich schweife ab...
Da ich in genannter Bar nun keine Fischsuppe mehr verspeisen möchte, zumal die Bar auch umziehen wird, was die Atmosphäre verdirbt, habe ich beschlossen, den Besitzer der Suppenküche lieb zu überreden, den Kunden neben Gemüse auch Bouillabaisse anzubieten.
Und ich fragte mich sogleich: haben Fische Eltern, und wenn ja, dann kennen sie ihre Erzeuger ja nicht persönlich. Das ist so gut wie, wenn man keine Eltern hätte. Oder etwa nicht ? Fragte ich mich.
Und: Wird der vegetarische Suppenküchenbesitzer auf meinen Wunsch eingehen ? Oder wird seine Tierliebe, die gleichzeitig gegen das Gemüse gerichtet ist, siegen ?



aus: "Gabyi's Fischlexikon"