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Bartenstein - Fischbeinstein - (History)

Gabyi - 2006

Bartenstein

Ostpreußen, das war einmal ein Land mit unendlichen dunklen Wäldern, mit unberührt einsamen, verschneiten Landschaften und bernsteinernen Stränden. Kurische Nehrung, Kurisches Haff, der Luxusbadeort Kranzc und die Kant-Stadt Königsberg mit ihrer roten Backsteinarchitektur. So schön war es gewesen, so wehmütig hatte ihr Vater in stillen Stunden von seiner verlorenen Heimat erzählt, so einsam und traurig saß er an ihrem Kinderbett und sie konnte das ganze Ausmaß seines Leids kaum erfassen. Die ganze Nacht konnte sie nicht einschlafen, so leid tat er ihr. Wie auf kalt Eisen, so schlug er auf seine Kinder ein und schrie dazu:
"Ich schlag wie auf kalt Eisen!" -
und wurde damit dem Wappen seiner Heimatstadt mehr als gerecht, das ein Fischbein eines Wales in der Hand eines Ritters zeigte.
Jetzt, wo sie älter ist, kommen die rotblauen Striemen seiner Stockschläge, die schon lange verheilt waren, auf ihrer blassen Haut wieder zum Vorschein.


Die Barte ist eine Hornplatte aus Fischbein im Oberkiefer der Bartenwale.
Ein Wappen mit einem gewappneten Ritter auf schreitendem geharnischten Ross. In seiner Rechten hält er eine silberne Barte. Ein Ritter zu Pferd, der mit der Rechten eine silberne Barte erhebt. Oder auf einem Stufengiebel zwei gekreuzte Barten.



Der Mensch, der aus dieser Stadt stammt: ein 93-jähriger Greis, der seine Kinder wie auf kalt Eisen schlug und der um seine verlorene ostpreußische Heimat trauert. Sie aber niemals mehr besuchen will, weil dort jetzt der Feind lebt. Seine Haupttugend ist die preußische Disziplin und im Grunde seines Herzens ist er ein Feigling und ein obrigkeitshöriger Untertan.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 20.05.2015
Kategorie: Kurzgeschichten

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