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Milchbar

Gabyi - 2017

Milchbar

Eine Milchbar steht einsam an der Strandpromenade. Sie schmiegt sich geschwungen und weiß zwischen Hecke und Straße an die Uferpromenade des Ostseebads. Die bodentief verglaste Vorderfront strahlt Leichtigkeit, Offenheit und Transparenz aus und entstammt der Architektur aus den Fünfzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Ein pavillonartiges Bauwerk mit jugendstilartiger Frontverglasung, wie man sie von historischen Anlagen kennt.

Hier hatte sie als Teenager in der Küche gearbeitet und Milchreis für Badegäste gekocht. Auch Backhähnchen schob sie in die Bratröhre. Abwaschen, Abtrocknen sowie manchmal Bedienen gehörten ebenfalls dazu.
Aus der Musikbox erscholl "Je t'aime moi non plus".
Es war die reinste Kinderarbeit zum Hungerlohn. Sie aß den ganzen Tag fast nichts, schlug zehn Liter Sahne zu Butter und wurde hinter der Glasfassade gemobbt. Allerdings kannte sie das Wort noch nicht, wohl aber das Gefühl dabei.
Jedoch: sie bekam am Ende 200 DM und konnte sich davon ein Tonbandgerät kaufen und dazu die Platte von Jane Birkin und Serge Gainsbourg.

Später wurde in der Milchbar eine Disco betrieben, die Soulmusik auflegte. Four Tops, Percy Sledge, James Brown, Wilson Picket, Supremes, auch die Rolling Stones waren dabei.

Und heutzutage sind polnische Milchbars wieder - ein Relikt aus der sozialistischen Vergangenheit - modern. Sie kannte sie noch, als sie das sozialistische Polen besucht hatte aus Zopot und Gdansk (Danzig). Sie aß aber lieber nichts dort - aus Angst vor fremden Speisen. Leider, denn es sollte vorzüglich schmecken. Auch heute noch.





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 01.04.2017
Kategorie: Kurzgeschichten

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