Prekär

Nachdem sie es geschafft hatten, 25% des Landes sicher ins Prekariat zu überführen (die Statistiken ließen keine Zweifel mehr aufkommen), lehnten sie sich zufrieden in ihre Sessel zurück (bräsig) und erhöhten (das war schon lange fällig) sich erst einmal die Diäten.
Nur selten hörte man noch von einem Aufbegehren, denn das wurde schnell im Keime erstickt, indem man von Neiddebatte und populistischen Umtrieben sprach.
Viele Häuser ließ man abreißen, um die Immobilienpreise zu stabilisieren, größere Teile der Bevölkerung waren inzwischen von Obdachlosigkeit bedroht.
Die Profiteure der Gesundheitsreform jedoch erhöhten noch einmal die Preise, und die Regulierungsbehörde sprach ein striktes Verbot aus für die Teilnahme an Internetforen. Die Pressefreiheit war einer geschickten Propaganda gewichen, und die innere Sicherheit wurde jetzt von europäischen Einsatzkräften gewährleistet. Professionaltät gepaart mit Denunziantentum waren inzwischen oberstes Gebot.
Seit dem letzten größeren terroristischen Vorfall war das Leben im Land insgesamt etwas ungemütlicher geworden. Man könnte fast sagen: Leben in einer maskierten Diktatur.
Was ehemals noch als die wahre Elite galt, war entweder ausgewandert oder hatte sich einfach aus dem Leben verabschiedet.
Die zurückgebliebene Pseudoelite ließ ihre Säuglinge in einer beispiellosen Kampagne gegen Bulimie und Magersucht impfen, während Vertreter aus dem Prekariat in einer Aktion, die einstimmig vom Bundestag abgesegnet worden war, zwangssterilisiert wurde (Babyleichen in Tiefkühlfächern nahmen überhand und Kindesvernachlässigung wurde zum Dauerthema). Doch es brodelte schon unter der Oberfläche, bei den achtlos zusammengewürfelten Hartz IV Empfängern, die sich nicht mehr länger von selbsternannten Subeliten gängeln lassen wollten.
Prekär?