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Abgeschnitten von der Welt

Inge Wrobel - 11.02.2006

Ja, ja, es ist nicht das erste Mal, daß ich von der Lyrikecke getrennt bin. Damals waren es 38 Tage, und über meine Entzugserscheinungen habe ich ja berichtet.
Aber jetzt: nicht nur kein Internet-Zugang, auch keine Telefonverbindung. Panik. Inmitten der Wollmäuse krieche ich unterm Schreibtisch in einem Kabelurwald herum und trenne Stecker von Geräten, Adaptern und vom Netz....um sie nach kurzer Zeit wieder zu verbinden, anzuschließen und darauf zu lauern, ob jetzt alles wieder gut ist. Nichts ist gut!
Mir wird ein Reset des ADSL-Modems empfohlen. Was ist das?
Das grüne Licht will nicht angehen! Auch eine ISDN-Anlage hat nur ein zeitlich begrenztes Leben. Und dabei wollte ich doch ganz dringend....
...mit Andrea über unseren Salon de Literature.de sprechen; Serge erzählen, daß Pierre nun wirklich den Phaidon gewählt hat; Herbert zu seinem neuen alten Text eine PN schicken; Angelika anrufen; Karin Gabriele eine lange Mail schreiben, und, und, und......
Nichts geht. Technisch betrachtet bin ich abgeschnitten von der Welt. Sitze hier allein in meiner Wohnung in meiner selbst gewählten Freiheit – und nun? Das habe ich mit Freiheit nicht gemeint!
Ich brauche doch den Kontakt, die Bestätigung. Die Bestätigung, daß ich jemand bin. Jemand, den man zur Kenntnis nimmt, vielleicht sogar mag. Eine Form der Wertschätzung, die sich z.B. darin äußert, daß mir :Ludwig oder Simon Verbesserungsvorschläge für meine Texte machen. Das, und virtuelle Umarmungen, lobende Komms von Autoren, die besser sind, als ich, freundschaftliche Bussi’s in PNs, die Bestätigung, daß ich als Muse taugte und ab und zu ein Telefonat.....das ist meine Welt, darin fühle ich mich wohl, darin kann ich „aufgehen“ und sie zum Inhalt meines Lebens machen.
Und nun? Plafond!
Werden sie es merken? Wann werden sie es merken? Wer wird es merken? Sabinchen, Sus’chen, meine liebe Harmony.........ja, doch, einigen bin ich wichtig – denke ich mal.
Und ich? Wie verkrafte ich das? So ganz unerreichbar zu sein.......komisch.
Dabei: andere Leute machen 4 Wochen Urlaub in einem entlegenen Gebiet, weitab jeglicher Zivilisation. Die haben schließlich damit auch kein Problem. Lidija fragte mich erst kürzlich, was wäre, wenn mein PC ausfiele. Sie wollte mich nur auf meine Sucht hinweisen. Ja, ich habs ja zugegeben; aber auch gesagt, daß die ganz wichtigen Freunde meine Telefonnummer haben, wenn sie mich erreichen wollen. Oh Lidija, ich hab schnell gemerkt, daß Du übersinnliche Fähigkeiten hast. Hätte aber trotzdem nie gedacht, daß sich Deine hypothetische Prophezeiung so schnell bewahrheiten sollte – dazu noch inklusive Telefon.
Nun sitze ich also hier, vor meinem Rechner. Word funktioniert, und Spielchen könnte ich auch machen, wenn ich wollte......will aber nicht! Ihr LEler fehlt mir!!!

Morgen ist Sonntag. Kein Telefon wird mich wecken. Vielleicht die Kirchenglocken, aber die sind immer später dran, als ich.
Manche meiner Texte handeln von einer solchen Situation. Wenn auch das, was heute geschieht, noch nicht diesen ultimativen Charakter hat. Aber eine gewisse Ähnlichkeit ist vorhanden.
All den lieben Freunden möchte ich sagen: ich fühle mich frei, ich bin glücklich. Niemals zuvor war ich so auf mich selbst reduziert – und zufrieden, ja glücklich damit. Das ist meine Freiheit, nach der ich strebte.
Ich kann euch zu mir herdenken, wann immer ich will. Lange Gespräche mit euch träumen. Ich hab kein Problem damit. Und Ihr? Ihr werdet mich langsam vergessen. Hauptsache ist doch, daß der Abgang, die Erinnerung an mich, positiv ist. Ja, freundliche Gedanken – das wär’ schön!

Wenn Montag oder Dienstag die Technik wieder funktioniert, habt Ihr eure alte Inge wieder. Die Inge, die einen kurzen Blick in eine glückliche Zukunft werfen durfte – in ein späteres Leben.


© Inge Wrobel 11.02.2006





Über das Gedicht

Veröffentlicht: 15.02.2006
Kategorie: Tagebuch

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